Pflege in Österreich - ein Blick auf die jüngsten Entwicklungen
Es brodelt am Arbeitsmarkt. Im Pflegebereich ist die Lage inzwischen akut. 127.000 Menschen arbeiten in Österreich in Krankenhäusern, in der Langzeitpflege und Langzeitbetreuung, 67.000 davon im Krankenhaus und 60.000 in der Langzeitpflege. Pflege wird in 85 % der Fälle von Frauen durchgeführt. Rund ein Drittel der Pflegekräfte ist über 50 Jahre alt und wird wahrscheinlich in den nächsten 10 Jahren in Pension gehen.
Aus der demografischen Entwicklung wissen wir, dass sich die Anzahl der über 85-jährigen bis 2030 um 45 Prozent auf 327.000 Personen erhöhen wird. Gleichzeitig sinkt der Anteil der erwerbstätigen Bevölkerung von 20 bis unter 65 Jahren bis 2030 von aktuell ca. 62 Prozent der Gesamtbevölkerung auf rund 57 Prozent. Auch der Anteil der unter 20-jährigen wird leicht zurückgehen. Das heißt, dass einer sehr stark wachsenden Zahl an pflegebedürftigen Menschen eine immer kleinere Gruppe an potenziellen Pflege- und Betreuungskräften gegenübersteht.
Das Sozialministerium rechnet bis 2030 aufgrund der demografischen Entwicklung mit einem zusätzlichen Bedarf von 34.000 Personen. Zusätzlich werden weitere 41.000 Menschen in den Beruf einsteigen müssen, um den Abgang der Pensionierungen zu kompensieren. In Summe also 75.000 neue Pflegekräfte bis 2030.
Von den Unterstützern einer Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden wird regelmäßig argumentiert, dass die Verkürzung zu einer Zunahme an Pflegekräften führen wird. Herr Babler hat dies im ORF-Sommergespräch sogar versprochen.
Auch im Pflegebereich liegt die Teilzeitquote bei ca. 30 Prozent. Wir haben ca. 100.000 Vollzeit-Äquivalente in diesem Sektor aktiv. Wenn wir die Normalarbeitszeit von 40 Wochenstunden auf 32 Stunden kürzen, entspricht das einer Verringerung von 20 Prozent. Ich gehe davon aus, dass Menschen in dem Bereich kein größeres Arbeitspensum leisten können, sie sind ohnedies schon weit überbeansprucht. Um den Wegfall an Ressourcen aus einer Arbeitszeitverkürzung kompensieren zu können, bedeutet das hochgerechnet auf die 100.000 Vollzeit-Äquivalente, dass wir für gleiche Leistung 20.000 Vollzeit-Pflegekräfte zusätzlich brauchen. Das würde bedeuten, dass sich der Bedarf bis zum Jahr 2030 auf 95.000 Menschen erhöht. Oder in anderen Worten ausgedrückt, wir bräuchten bis 2030 zusätzlich nahezu genauso viel Menschen in der Pflege, wie aktuell in dem Bereich arbeiten!
Ist eine Verkürzung der Arbeitszeit die richtige Maßnahme? Könnten nicht andere Lösungen wie beispielsweise eine Erhöhung der Bezüge, eine Verbesserung der Arbeitsbedingungen oder eine Optimierung der Arbeitsorganisation da nicht viel zielführender sein? Ich höre, dass unser Pflegepersonal in Krankenhäusern vor allem mit Administration und Dokumentation beschäftigt ist und für die Arbeit am Menschen oft viel zu wenig Zeit bleibt.
Eines ist klar: Wir brauchen eine Lösung und das schon sehr bald! Oder Herr Babler rechnet uns glaubhaft vor, wie er sein Versprechen einhalten kann.